Sommer 2004 - Ausgangszustand
Herbst 2004 - erste Planskizzen
Mai 2005 - aus dem Graben...
auf den Holzweg...
geheckt und gepflegt...
Schützenrose...
am Floristischen Ozean...
mein Name ist Phacelia...
gut abgeschnitten?
...aber bitte mit Sahne!
Zahnstocher oder was?
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Sinn und
Ziel
Die Stadt Biberach besitzt im Stadtteil Rindenmoos ein 205 qm großes
Gartengrundstück, unmittelbar am
Kindergarten, der früheren Grundschule
Rindenmoos, und am Fuß- und Radweg zum beliebten Naherholungsgebiet südlich von Biberach. Nachdem der frühere Pächter den Garten aus Altersgründen nicht mehr
bewirtschaften konnte, drohte das Grundstück eingeebnet und zur Rasenfläche zu werden.
Die AG Grün will den traditionellen Garten nun als Muster für einen "Bauerngarten"
verwenden, verbunden mit einer "Muster-Patenschaft" für erhaltenswertes Gemeingut durch
ehrenamliches bürgerliches Engagement.
Etwas Gemüse und ein paar Blumen als
Agendaprojekt? Natürlich hat auch unser Bauerngarten einen tieferen Sinn, wie alle
Agendaprojekte! Er soll Beispiel geben, wie Bürger aktiv ihre Umwelt mitgestalten können, wie
öffentliche (Rest)Flächen dafür genutzt werden können, in enger
Zusammenarbeit mit der Verwaltung.
Nicht nur als Garten, auch als Biotop, für ein Spielgerät oder ein Kunstobjekt, etc. Solches
Bürgerengagement eignet sich auch um Vandalismus zu vermindern, weil die "Paten"
ihre Anlage ja im Auge haben.
Und - nicht weniger bedeutsam - solcher Einsatz soll Freude machen. Unser Bauerngarten ist
ein Beispiel, um Erfahrungen zu sammeln und diese an die Bürger weiterzugeben. |
Was ist ein Bauerngarten?
Ein traditioneller Bauerngarten besteht aus
einer eingefriedeten Fläche mit klar gegliederter Wege- und Beetstruktur.
Angepflanzt wird alles was in einem Haushalt an Gemüse, Obst und Kräutern
gewünscht wird - Salate, Kohl, Zwiebeln, Kartoffeln, Beeren, ... Natürlich gehören
einheimische Blumen dazu, und auch nicht jedes "Unkraut" wird gnadenlos
verfolgt.
Ein solcher Bauerngarten verspricht nicht nur
kulinarischen Profit, sondern ist auch eine Augenweide und Spielmöglichkeit für
Kinder. Ein kleiner Bauerngarten findet auf beinahe jedem Grundstück Platz,
neben oder anstelle des verbreiteten "Einheitsrasens" und
standortfremder Bepflanzung.
Einige
Meilensteine im Projektverlauf
Sommer 2004
Die Idee wird geboren, nachdem das
gemeindliche Gartengrundstück im
Mitteilungsblatt unentgeldlich(!) zur
Neuverpachtung angeboten wird.
Oktober 2004
Der Begeisterung folgt eine erste Ernüchterung,
nachdem das Liegenschaftsamt u.a. die
Schneeräumpflicht für die 20 m
angrenzenden Gehweg vorschreibt. Nachdem
alle Mitarbeiter berufstätig sind, ist
das nicht zu machen.
Uns fällt ein, dass der Gehweg
beidseitig des Grundstücks eine öffentliche
Fläche ist und vom Fronmeister betreut
wird. Ein Gespräch mit Herrn
Ortsvorsteher Dieter Meier bringt die Lösung:
Der Fronmeister übernimmt das Schneeräumen!
Der Ortschaftsrat stellt dazu noch einen
kleinen finanziellen Beitrag in Aussicht,
welcher gerne angenommen wird.
Bei der nächsten Sitzung stimmt die
Arbeitsgruppe dem Projekt zu und beginnt
mit der Planung des Bauerngartens.
November 2004
Während über die Sache -das Grundstück-
schon etwas Gras gewachsen ist, werden
die alten Betonplatten verschenkt und
abgefahren, die geplanten Mulchwege
abgesteckt. Der Wintereinbruch stoppt
jedoch vorerst die Aktivitäten.
Mai 2005
Nachdem wochenlanger
Dauerregen die Arbeiten blockierte geht
es endlich weiter. Mitarbeiter des
Bauhofs liefern uns für den Bereich
Blumenwiese einen Wagen voll lehmigen
Boden - geradezu ideal dafür, weil nährstoffarm!
Jetzt beginnen wir mit dem Einebnen der
Fläche und Auskoffern der Wege... eine
wahre Knochenarbeit!
Inzwischen hat sich noch ein weiterer
Mitarbeiter eingefunden, welcher einen
Teil der Gemüsebeete biologisch
bewirtschaften will.
Nun werden die Wege mit
Holzhackschnitzeln ca. 15 cm hoch aufgefüllt.
Das Material ist pflegeleicht und auch
bei Regen angenehm zu begehen.
Juni 2005
Nun wird die Hecke aus Buchs
um die Beete gepflanzt. Das ist
eigentlich schon nicht mehr ganz "typisch",
denn die meisten Bauern konnten sich
Buchs nicht leisten. Heute sind die Pflänzchen
jedoch recht billig, sodass wir dieses
Gestaltungselement nutzen wollen.
Als nächstes wird die Aussaat der Blumenwiese vorbereitet.
Voraussetzung ist ein nährstoffarmer Boden, zu erkennen
an einer hellbraunen Farbe. Dunkler, humoser Gartenboden ist
weniger geeignet, weil der Blumenanteil dort schnell von
Gräsern verdrängt wird. Der lehmige Boden in unserem Fall
bietet jedoch gute Voraussetzungen für das Gelingen.
Unser Boden ist ziemlich grob und verdichtet, sodaß wir
das Angebot des Bauhofs gerne annehmen, seine Beschaffenheit
mit der Motorfräse zu verbessern. Nachdem die Einsaat in den
Hochsommer fällt, heißt es die Flächen in den folgenden
Wochen sorgfältig zu bewässern.
Juli 2005
Wir entschliessen uns, die Gemüsebeete zunächst mit Phacelia
einzusäen, zur Gründüngung und Bodenverbesserung. Phacelia ist eine
hübsche Blühpflanze und Bienenweide. Sie wird entweder im Herbst geschnitten
und kompostiert oder im Frühjahr einfach eingegraben.
August/September 2005
Die beiden Grasflächen gleichen inzwischen einem Blütenmeer aus
Kamille, Mohn und allerhand uns bekannten und unbekannten Blumen und Gräsern. Da kann
man sich jeden Tag einen Blumenstrauß zusammenstellen. Eine solche "Blumenwiese"
wird normalerweise nur im Herbst gemäht, denn
die meisten der Pflanzen sind einjährig und können sich nur durch Selbstaussaat
erhalten. Auch unsere Phacelia strahlt nun in dunklem Grün mit tiefblauen Blüten.
November 2005
Auch das Bauerngartenjahr geht einmal zu Ende. Eine zarte Schneedecke liegt nun
über den Wegen und Beeten. Von der Wiese sind nur noch die Stoppeln zu erkennen. War das
Projekt Bauerngarten bisher erfolgreich? Wir denken ja, Spass hat es uns gemacht und gezeigt,
dass mit gutem Willen gute Lösungen zu erreichen sind.
Frühjahr 2006
Langsam erwacht der Garten aus seinem Winterschlaf. Häufige Niederschläge und wiederkehrender
Frost verzögern die Abeiten immer wieder. Wir bepflanzen die Blumenbeete am Zaun und am
Gebäude mit einheimischen Stauden wie Lupinen, Margeriten, Fetthenne, Pfingstrosen, ...
Als Gemüse verwenden wir zunächst Kartoffeln, Zwiebeln und verschiedene Kräuter. Auch
Rhabarber darf nicht fehlen.
Ein neues Mitglied gesellt sich dazu - Jakob Fischer erhält seinen Platz inmitten der
Blumenwiese. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Obstbaumsorte mit sehr
wohlschmeckenden Äpfeln. Allerdings halten sich die geernteten Äpfel nur sehr kurz, weshalb
die Sorte in den Ladenregalen eher selten anzutreffen ist. Aber im Bauerngarten lebt man
ja von der Hand in den Mund...
August 2006
Als letztes wichtiges Gestaltungselement wird der morsche und untypische Jägerzaun durch
einen Staketenzaun aus Kastanienholz ersetzt. Wir wählen dafür ein Produkt aus dem Handel,
mit drahtverbundenen Stäben von der Rolle. Kastanienholz ist ohne jede Behandlung und Pflege
sehr witterungsbeständig, robust und lange haltbar. Die ungleichmäßige handgespaltene Form
gibt dem Zaun ein naturnahes und lebendiges Aussehen.
Einige Tipps aus unserer bisherigen Erfahrung
Buchs
Buchs hat eine ganze Reihe von Vorteilen: Er wächst ziemlich
langsam, verträgt fast jeden Schnitt und behält seine Blätter das ganze Jahr über. Was uns
besonders gefällt - Buchs entwickelt sehr schnell ein dichtes Wurzelwerk, ideal zur Befestigung
der Beetränder. An Hängen verhindert er die Bodenerosion.
Buchspflanzen findet man im Garten- oder Baumarkt. Als Hecke pflanzt man 4 bis 5 Sträucher auf
den laufenden Meter. Der Preis hängt im Allgemeinen von der Größe der Pflänzchen ab, wer etwas
Geduld hat, kommt schon für weniger als 10 Euro pro Meter zu seiner Hecke.
Holzhackschnitzel
Das Material eignet sich aus unserer Erfahrung sehr gut für die Wege. Hackschnitzel werden
aus Restholz im Sägewerk oder aus Geäst hergestellt. Ihre Hauptverwendung finden sie z.B.
in Biomasse-Kraftwerken zur Energiegewinnung. Als Wegebelag sollten sie einen möglichst niedrigen
Rindenanteil haben und mindestens 10 cm stark aufgebracht werden. Wenn sich der Belag im Laufe
der Zeit etwas setzt, können einfach neue Hackschnitzel aufgefüllt werden. Rindenmulch ist unserer
Meinung nach weniger geeignet, weil er zu schnell zerfällt.
Blumenwiese
Unter dem Namen "Blumenwiese" sind sehr unterschiedliche Grasmischungen im Handel zu finden. Oft
liegt der "Blumen"-Anteil nur bei etwa 10 Prozent, der Rest besteht aus Gräsern und Klee. Der
Nachteil ist, daß der Gras- und Kleeanteil die Blumen schon im zweiten Jahr "überholt".
Wir haben eine Spezialmischung verwendet, mit hohem Anteil an Margeriten, Kamille, etc. Gräser
sind kaum darunter, ein Anteil von Sauerampfer ergibt den "Wiesencharakter".
Entscheidend ist, daß auf einen sehr "mageren" Boden gesäät wird, mit wenig humosem Anteil.
Lehmiger Boden eignet sich sehr gut, etwas Sand und kleinere Steine schaden nicht. Die Blumenwiese
benötigt mehr Zeit zum Keimen, dehalb ist etwas Geduld und ausreichende Bewässerung angebracht.
Aufkeimende Distel u.ä. sollten entfernt werden.
Eine Blumenwiese wird normalerweise nur im Herbst, bei Bedarf zusätzlich im Frühjahr, gemäht.
Viele der Wiesenblumen sind einjährig, d.h. sie brauchen Zeit für die Blüte und Selbstaussaat. Zum
Mähen eignet sich eine Sense, für kleine Flächen kann auch ein "Rasentrimmer" verwendet werden.
Wichtig ist, nicht zu kurz abzumähen, Rasenmäher sind deshalb ungeeignet.
Das Mähgut kann man kompostieren, oder an Haustiere verfüttern. Es kann auch zu Heu getrocknet
werden, viele der Blumen kann man für Trockensträuße verwenden. Kräuter wie die Kamille eignen
sich zum Trocknen und erfreuen bis in den Winter mit ihrem Duft.
Staketenzaun
Wir haben einen vorgefertigten Staketenzaun aus handgespaltenen Kastanienästen verwendet. Das
Kastanienholz ist ohne Anstrich und Holzschutz witterungsbeständig, die Haltbarkeit beträgt 20-25
Jahre. Die Stäbe sind mit verzinktem Draht untereinander verbunden, die Montage ist sehr einfach.
Lieferantenadressen wollen wir nicht publizieren, mit den Suchworten "Staketenzaun" und "Kastanie"
sind im Internet jedoch zahlreiche Informationen und Bezugsquellen zu finden.
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